In Oberrammingen fällt die an der Hauptstraße positionierte Kapelle „Unserer Lieben Frau“ ins Auge. Das kompakt wirkende Gotteshaus und sein Innenschmuck können eine bewegte Geschichte erzählen, die vor etwa 500 Jahren begann und 1807 in den Irrungen und Wirrungen der Säkularisation um ein Haar beendet worden wäre.

Geschichte der Filialkirche

Eine Kapelle bestand in Oberrammingen wohl schon im 15. Jahrhundert. Zwei alte Glocken lassen darauf schließen. Die jetzige Frauenkapelle ist ein neuerer Bau, der Turm um oder gegen 1600 erbaut. Aus dieser Zeit stammt auch die Umfassungsmauer des Ostteils. 1700 wurde der Türkheimer Schreiner Johann J. Bergmüller für die Kapelle tätig. 1732 erhielt die Kapelle Fresken von dem Türkheimer Johann Andreas Bergmüller. Ein völliger Um- und Erweiterungsbau nach Westen erfolgte 1766 durch die gleichen Meister, die damals auch an der Pfarrkirche in Unterrammingen wirkten: Baumeister Joseph Stiller aus Ettringen, Stuckator Andreas Henkel aus Mindelheim. Die Fresken sind von Johann Baptist Enderle, Donauwörth, signiert. Die Sakristei im Süden wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts angebaut. Ansicht von Norden

Ansicht von Süden In einer Kartusche am Chorbogen bezeichnet ein Chronogramm das Jahr der Vollendung des Baus: DILeCta Mea/Vt aVrora/Cons Vrgens. Zählt man die römischen Zahlzeichen (DILCMVVCV) zusammen, so erhält man 1766. Der lateinischen Satz aber lautet in seiner deutschen Übersetzung: „Meine Geliebte ist wie die aufgehende Morgenröte“. Worte aus dem Hohenlied, mit denen gewiss die Gottesmutter gemeint ist, dann das gesamte Programm der Fresken verherrlicht, dem Patrozinium der Kirche entsprechend, das Leben Unserer Lieben Frau.

Schon wenige Jahrzehnte nach der Erbauung sollte die Frauenkapelle untergehen. In wilder Wut lies man nämlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts besonders im Bereich des Bezirks des Landgerichts Türkheim angeblich überflüssige und entbehrliche Kirchen zerstören. Dem damaligen Pfarrer wurde im Juni 1807 „vermög gnädigster Landes Direktion Resolution“ mitgeteilt, dass die Kapelle zu räumen und deren Schlüssel abzugeben sei. Mit dem Verkaufserlös aus dem Kirchenvermögen sollte den unzulänglichen Schulverhältnissen der damaligen Zeit abgeholfen werden.

Den auf Erhalt der Selbständigkeit bedachten Oberrammingern ließ der drohende Verlust ihres kleinen Gotteshauses indes keine Ruhe und sie kauften die Kapelle noch im gleichen Jahr aus einer Versteigerung „zum Abbruch“ zurück. Aber erst im November 1811 erhielt die Gemeinde die Erlaubnis, in „Unserer Lieben Frau“ wieder Gottesdienste abhalten zu dürfen. Damit es schließlich zu dieser Entscheidung kam, musste Bürgermeister Philipp Nieberle vor dem Bayern-König zu Kreuze kriechen. Mit dem Brief an den „Allerdurchlauchtigsten Großmächtigsten Koenig und Herrn Herzog“ richtete das Gemeindeoberhaupt an seinen Herrscher „fußfällig die Bitte“, dem Ort sein Kirchlein wiederzugeben. Schließlich einigte man sich. Oberrammingen und Unterrammingen taten sich zusammen, leisteten ein freiwilliges Opfer von 400 Gulden zum Schulfond, erbauten gemeinsam mit einem Kostenaufwand von 700 Gulden ein neues Schulhaus und bekamen als „Gegenleistung“ die königliche Genehmigung, in ihrer (gemeindlichen) Kapelle wieder Gottesdienste abhalten zu dürfen.